Schafe sind nie schuld, oder?
Eine chinesische Verwünschung lautet: Mögest Du in interessanten Zeiten leben! — Was heißt „interessant“, wohl unruhig, unsicher, bedroht, voller Zweifel, verängstigt, vielleicht sogar panisch.
Seit Menschengedenken wird darauf mit Opferkulten reagiert. Man verlangt sich was ab und opfert das Teuerste den Göttern. — Nichts dagegen, ich halte viel davon, den richtigen Göttern die richtigen Opfer zum richtigen Zeitpunkt zu bieten, in der Erwartung, daß man durch eine solche Meditation auf göttliche Kompetenzen kommt, wenn man denn die richtige Wahl trifft. — Sorry, ich sehe das Impfen von Kindern in diesem Sinne, das alles wirkt auf mich, als wären es Kindsopfer.
Der Hintergrund dürfte der sein, daß viele Kinder es sich selbst wünschten und die eigenen Eltern bedrängt haben, einfach nur, um endlich wieder „normal“ zu sein mit dem Recht darauf, die eigene Kindheit leben zu dürfen. — Das hat mich von Anfang an befremdet von dieser Politik, diesem Staat und dieser Gesellschaft. Ungeheuer zornig gemacht hat mich die Dreistigkeit, über Kinder und Jugendliche herzufallen, ihnen die Unbeschwertheit zu nehmen, ihnen Begegnungen, Feiern, Selbsterfahrungen zu vereiteln. Gerade die Ausgangssperre war speziell gegen junge Leute gerichtet. — Und der Oberpriester, der diese Kindsopfer von Anfang an wider besseres Wissen gefordert hat, war der allseits geschätzte Virologe Drosten, der gewiß keine Ahnung hat von Pädagogik und Psychologie. Darf sich so einer bei so etwas irren? Nein!
Ähnlich hat man aber auch die Erwachsenen mit fadenscheinigen Aussichten erpreßt, mit allen erdenklichen Versprechungen, die dann nicht gehalten. sondern gebrochen wurden. Ständig neue Ziele wurden gesetzt, so daß alsbald der Eindruck entstehen mußte, ein fauler Zauber sollte aufrechterhalten werden, aber nicht irgend etwas Rationales. Der Schein von Rationalität wurde erzeugt und zur Einschüchterung gegen Andersdenkenden eingesetzt. — Ach und es war so oft aus unberufenen Mündern von Rationalität und Wissenschaftlichkeit die Rede, man hat alledem einen Bärendienst erwiesen.
Was nun?
Was können „wir“, nicht viel! Was wissen wir, so gut wie nichts! – Von Anfang an war klar, daß da die Evolution ihre Spiele spielt. Es wäre klug gewesen und nicht einfach nur „rational“, sondern vielleicht sogar vernünftig, das zu tun, was die Moskowiter getan haben, als Napoleon mit seinen Invasionstruppen kam. Man hat Moskau verlassen und den Feind „ausgehungert“.
Von den 400 Milliarden, die der Wahn gekostet hat, hätte man die Kliniken und Altersheime aufrüsten können in sichere Burgen mit Kontakt– und Berührungsmöglichkeit. Technik kann so gut wie alles, man muß nur das Zauberwort sagen: Koste es was es wolle! — Warum wurden die Kliniken nie wirklich optimiert? Warum hat man das Personal so allein gelassen. Warum hat man nicht gesagt, es gibt das Doppelte und Verhältnisse, in denen die Motivation nicht korrumpiert wird? Wer sich jetzt zur Ausbildung einschreibt, der bekommt erst einmal den roten Teppich und ja, die autoritären und jetzt auch noch kapitalistischen Verhältnisse im Gesundheitswesen sind einfach kontraproduktiv und haben nur dann etwas Menschliches, wenn sich Mitarbeiter bis zum Burnout übernehmen.
Aber der Staat hat sich wie üblich an der Gesellschaft vergriffen, weil er ein Schläger ist und nie vertrauenswürdig war. Nicht von ungefähr stellt ihn die Mythologie der Ägypter als Monstrum dar, der Pharao hat einen Löwenkörper und die schrecklichen Augen einer Sphinx. Als solche ist er eiskalt, unberechenbar und unbezwingbar. — Das ist auch noch unser Staatsverständnis, daher wurde die Gewaltenteilung erfunden.
Aber die Balance of Power hat versagt wie die Notstromaggregate in Fukushima, als dort die Welle kam. — Die Gewaltenteilung hat versagt. Die Obersten Richter haben sich nicht getraut, der Politik „rote Linien“ zu weisen. Man hat die Köpfe zusammengesteckt beim Dinner im Kanzleramt, ein Ding der Unmöglichkeit!
Die Menschheit ist je fortschrittlicher umso mehr auf den Zufall angewiesen, daß, ausgerechnet dann, wenn es darauf ankommt, keine Duckmäuser und exzellente Unfähigkeiten an den entscheidenden Stellen sitzen. Da lobe ich mir die antike griechische Demokratie. Die Ämter wurden verlost, jeder mußte ran und zwar sofort. – Wer zum Richter ernannt wurde, mußte sofort und unverzüglich in den Prozeß, durfte nicht erst mit anderen sprechen, konnte also gar nicht manipuliert werden.
Was nach Omikron kommt? Das konnte man schon bei Delta sehen, es ist nicht im Interesse eines Virus, seinen Wirt umzubringen. Wenn er das tut, ist er jung und noch ziemlich dumm. – Warum wissen das unsere auch so wissenschaftlichen Fachwissenschaftler nicht und wenn, warum sagen sie es nicht? Man muß nur Darwin lesen. — Stattdessen wurde stets die Dramaqueen gegeben. Dabei merkte man förmlich bei den Statements, das sich fast alle schnell auf die Zunge bissen, wenn irgendwas gar nicht so schlecht aussah. Wie in der Werbung hat man die Mutanten verkauft, jetzt noch schneller, noch tödlicher, noch heimtückischer.
Die Angstmacherein der letzten viel zu langen Monate war nicht nur unverantwortlich, sie hat vor allem zur Demontage der Demokratie und zum Niedergang der politischen Kultur geführt. Die Leute reden ja gar nicht mehr miteinander, man prüft den Anderen erst, ob da bestimmte Trigger sind und dann wird gecancelt. Gespräche finden nur noch unter Gleichgeschalteten statt. Oder man schweigt. Tatsächlich, die Mehrheit schweigt, seit Monaten. Und es ist in der Tat harte Arbeit, in dieses Schweigen hineinzurufen.
Das ist aber nun mal mein Job. Mir ist es gleich, was man mir nachsagt. Und die vielen gutgemeinten Aufforderungen, mal nicht ganz so laut zu sein beim Reinrufen, sind falsch. — Es ist meiner Reputation als Philosophen nicht abträglich, ich bin es ihr vielmehr schuldig, genau das zu tun, was ich immer schon getan habe, widersprechen, auch dann, wenn fast alle auf Tauchstation gehen. So habe ich mich schon vorzeiten mit meiner ganzen Kollegenschaft angelegt, als ich über den Diskurs der Sloterdijk–Debatte ca. 700 Seiten geschrieben habe mit minutiösen Analysen darüber, daß es auch unter Philosophen angepaßtes Denken und eben auch Nichtdenken gibt. Das Buch hat ein Namensverzeichnis, man kann sich also sofort nachschlagen. – Gern denke ich noch heute an die wenigen, die einfach exzellente Noten verdient hatten, eben weil sie das richtige Gespür mit Vernunft zusammenbringen konnten.
Während die Impfpflicht eher nur noch von den unteren Chargen verfolgt wird und sich alle erdenklichen Zuträger, Beiträger, Mitläufer, Berufsbetroffene, Gläubige, Scharf– und Angstmacher so langsam unsicher umdrehen, wer noch alles bei ihnen steht, lichten sich die Reihen. Es wendet sich das Wetter, das gesellschaftliche Klima kippt. Nur wer möchte sich denn jetzt mal einfach so eingestehen, daß der Club der Kaiser schon seit Monaten nackt ist?
Was die Rationalitäten nicht auf den Schirm bekommen

Théodore Géricault: Das Floß der Medusa (1819). Nun, die Katastrophe um das Floß der Medusa entstand, weil ein unfähiger aber hochwohlgeborener Kapitän auch noch resistent war gegen guten Rat. – Die Unglücklichen wurden ausgesetzt und sehen am Horizont das rettende Schiff, aber von links kommt eine haushohe Welle.