• Anthropologie,  Lehre,  Moderne,  Religion,  Theorien der Kultur,  Zeitgeist,  Zivilisation

    EPG II

    Oberseminar: Ethisch–Philosophisches Grundlagenstudium II

    WS 2019 | freitags | 14:00-15:30 Uhr | Raum: 30.91-009

    Beginn: 17. Okt. 2019 | Ende: 6. Febr. 2020

    Universe333: YogaBeyond Honza & Claudine Bondi; Beach, Australia 2013. — Quelle: Public Domain via Wikimedia Commons.

    Seit 2001 ist das Ethisch–Philosophische Grundlagenstudium (EPG) obligatorischer Bestandteil des Lehramtsstudiums in Baden–Württemberg. Es besteht aus zwei Modulen, EPG I und EPG II. — Ziel des EPG ist es, zukünftige LehrerInnen für wissenschafts– und berufsethische Fragen zu sensibilisieren und sie dazu zu befähigen, solche Fragen selbständig behandeln zu können. Thematisiert werden diese Fragen im Modul EPG II.

    Um in allen diesen Konfliktfeldern nicht nur zu bestehen, sondern tat sächlich angemessen, problembewußt und mehr oder minder geschickt zu agieren, braucht es zunächst einmal die Gewißheit, daß immer auch Ermessens– und Gestaltungsspielräume zur Verfügung stehen. Im Hintergrund stehen Ideale wie Bildung, Entfaltung der Persönlichkeit, die Erfahrung erfüllender Arbeit und Erziehungsziele, die einer humanistischen Pädagogik entsprechen, bei der es eigentlich darauf ankäme, die Schüler besser gegen eine Gesellschaft in Schutz zu nehmen, die immer fordernder auftritt. In diesem Sinne steht auch nicht einfach nur Ausbildung, sondern eben Bildung auf dem Programm.

    Auf ein– und dasselbe Problem läßt sich unterschiedlich reagieren, je nach persönlicher Einschätzung lassen sich verschiedene Lösungsansätze vertreten. Es ist daher hilfreich, möglichst viele verschiedene Stellungnahmen, Maßnahmen und Verhaltensweisen systematisch durchzuspielen und zu erörtern. Dann läßt sich besser einschätzen, welche davon den pädagogischen Idealen noch am ehesten gerecht werden.

    So entsteht allmählich das Bewußtsein, nicht einfach nur agieren und reagieren zu müssen, sondern bewußt gestalten zu können. Nichts ist hilfreicher als die nötige Zuversicht, in diesen doch sehr anspruchsvollen Beruf nicht nur mit Selbstvertrauen einzutreten, sondern auch zuversichtlich bleiben zu können. Dabei ist es ganz besonders wichtig, die Grenzen der eigenen Rolle nicht nur zu sehen, sondern auch zu wahren.

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  • Anthropologie,  Götter und Gefühle,  Identität und Individualismus,  Moderne,  Motive der Mythen,  Religion,  Theographien,  Theorien der Kultur,  Urbanisierung der Seele,  Zeitgeist,  Zivilisation

    Frauenbilder im Mythos

    Oberseminar: Frauenbilder im Mythos

    WS 2019 | donnerstags | 11:30-13:00 Uhr | Raum 30.91-110

    Beginn: 17. Oktober 2019 | Ende: 6. Febr. 2020

    Man sieht, daß sie ebenbürtig sind, schließlich ist sie auch seine Schwester. — James Barry: Jupiter and Juno on Mount Ida (um 1790f.) — Quelle: Public Domain via Wikimedia.

    Die Rollen vieler Frauenfiguren in den klassischen Mythen zeigen weit mehr als nur die Seite des Opfers (Helena), sondern auch eine Vielfalt weiblicher Macht, durch die Stellung im Haus als Matrone (Hera), durch besondere Fähigkeiten wie Vernunft (Athene) oder auch Zauberei (Medea), nicht zuletzt aber auch durch Verführung (Salome). Auch tiefenpsychologische Konflikte spielen hinein, wenn Gefühl, Wille, Körper und Geist eben nicht miteinander harmonieren (Antigone) oder wenn der Zwang zur Selbstverleugnung so groß wird, daß Psychosen ausgelebt werden müssen (Dionysos). Desweiteren ist die offene Zukunft im Prozeß der Selbstermächtigung des Menschen ein dauerhaftes Problem (Pandora).

    Diese Veranstaltung dient der Gegenwart und darin der Selbstreflektion vor dem Hintergrund einer humanistischen Bildung, deren Reiz darin besteht, sich mental und emotional den ganz andersgearteten Verhältnissen in der Antike aussetzen zu können, von denen uns vieles bis auf den heutigen Tag noch immer tief berührt. Wir sollten diese alten Zeiten nicht mental überwinden wollen, denn es würde bereits genügen, einfach nur zu verstehen, was Konventionen mit Menschen machen können.

    Bemerkenswert ist die in Szene gesetzte Empathie, als wäre das Werk eine Reaktion auf das von Franz Stuck. — Hermann Haase–Ilsenburg: Farewell of the Amazon (1902). — Quelle: Foto von Golf in der Wikipedia. via Wikimedia, Lizenz: Creative Commons, CC-BY-3.0.

    Auch der Mythos um die Amazonen ist, neueren Forschungen zufolge, höchst interessant in der Deutung dessen, was da wirklich auf dem Spiele stand. Die Verhältnisse waren längst nicht mehr so einvernehmlich wie vorher, als es noch sehr wenige Menschen gab und noch nicht die Ambition, daraus Untertanen zu machen. — Vielleicht ist unter solchen Bedingungen sogar die Blutrache nicht so desaströs, wie sie später sein wird.

    Da sind Prinzessinnen wie Ariadne oder Medea, die ihr Schicksal aufbessern möchten und endlich heraus wollen aus der eigenen, als barbarisch empfundenen Kultur. Daher würden sie für einen hochwohlgeborenen griechischen Prinzen mit Aussicht auf Königswürden wirklich alles tun, bis hin zum Hochverrat des eigenen Landes, der Götter und der eigenen Familie, sogar bis hin zum Brudermord.

    Zwar hat auch Ariadne ›ihrem Helden‹ Theseus ganz entscheidend geholfen, den Minotaurus im Labyrinth von Knossos zu töten und wieder herauszufinden, aber Theseus setzt die Schlafende, also die ihm blindlings Vertrauende ganz einfach auf der Insel Naxos aus. — Ihr wird aber ein atemberaubend überraschend schönes Schicksal zu Teil, der Weingott Dionysos verliebt sich in die schlafende Schöne. Ohnehin spielt dieser Gott eine sehr wichtige Rolle im Zuge der Frauenemanzipation, weil er endlich Möglichkeiten schafft, daß gerade auch Frauen ›ungezügelt‹ sein können und auch sein dürfen.

    Franz Stuck: Amazone zu Pferde (1897). Lower Saxony State Museum. — Quelle: Public Domain via Wikimedia.

    Da sind die Opfer göttlicher Avancen wie Daphne, bei der die unerwiderte, ja aufdringliche Liebe durchgespielt wird, oder etwa Kassandra, die allein für die Aussicht auf eine einzige Liebesnacht schon mal im vorhinein von Apollon mit der Sehergabe belohnt worden ist, die sich aber standhaft verweigert, so daß auch hier wiederum der Gott nicht zurücknehmen kann, was nun einmal verliehen worden ist. Dafür aber konnte er sie sehr wohl noch empfindlich treffen, die Sehergabe sollte ihr erhalten bleiben, allein, es würde ihr nur niemand mehr glauben.

    Es sind viele, wirklich sehr eindrucksvolle Begebenheiten, einerseits Standardsituationen, wie die Loslösung vom Elternhaus, die Entführung der Braut, erotische Abenteuer, unzweideutige Angebote, aber auch ihre gewaltsame Überwindung, wonach sie dann auf diese Weise zur Frau ›gemacht‹ worden ist, wie etwa Hera durch Zeus, der sich in Gestalt eines bibbernden Kuckucks in die Nähe ihres Schoßes begibt.

    John William Waterhouse: Jason and Medea (1907). — Quelle: Public Domain via Wikimedia.

    Dann ist es — so will es diese Geschlechter–Dramaturgie vormaliger Zeiten, um die Frau geschehen. Sie hat nicht aufgepaßt, ist hinters Licht geführt worden. Es genügt, der Geliebten die Ehre zu nehmen, dann wird sie nolens volens ihren Überwältiger heiraten müssen. — Möglich ist alledings auch, daß hier sehr alte Erfahrungen rekapituliert werden, der Frauenraub auch unter vorzivilisierten Völkern. Der Hintergrund dürfte der sein, daß es eine immens hohe Müttersterblichkeit gegeben haben dürfte.

    Wir sind inzwischen meilenweit entfernt von diesen Verhältnissen, und nur noch wenige wissen, was eigentlich im Ritus der entführten Braut noch so alles mitschwingt. Aber vieles von alledem spukt noch immer in den Köpfen und Körpern herum. Daher ist es so interessant, diese ebenso schillernden wie archetypischen Konstellationen ganz bewußt neu auszudeuten.

    Alles ist Konvention, ganz besonders konventionell sind auch die gegenwärtigen Auseinandersetzungen, in denen viele AktivistInnen noch immer davon ausgehen, daß Frauen stets Opfer sind, die Opfer von Männern, daß Männer immer Täter sind und daß daher den Frauen immerzu Schutz gewährt werden müsse. Genau das aber bewirkt nichts anders als die Aufrechterhaltung überkommener Verhältnisse, die längst nicht mehr dem State of the art im Diskurs über Gender gerecht werden.

    Aber oft hintergeht gerade dieser Diskurs seine eigenen Anforderungen. Daher ist es so interessant, vor dem Hintergrund unserer eigenen Gegenwart die dramatischen Situationen, in die Frauen im Mythos geraten, als solche zu deuten. — Wir spiegeln uns immerzu selbst und darauf kommt es an. Daher geht es auch nicht ums Urteilen, schon gar nicht ums Verurteilen, sondern einfach nur und immer wieder ums Verstehen.

     

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  • Anthropologie,  Identität und Individualismus,  Lehre,  Moderne,  Religion,  Zeitgeist

    EPG II

    Oberseminar: Ethisch–Philosophisches Grundlagenstudium II

    SS 2019 | freitags | 14:00-15:30 Uhr | Raum: 30.91-009

    Beginn: 27. April 2019 | Ende: 27. Juli 2019

     

    Universe333: YogaBeyond Honza & Claudine Bondi; Beach, Australia 2013. — Quelle: Public Domain via Wikimedia Commons.

    Seit 2001 ist das Ethisch–Philosophische Grundlagenstudium (EPG) obligatorischer Bestandteil des Lehramtsstudiums in Baden–Württemberg. Es besteht aus zwei Modulen, EPG I und EPG II. — Ziel des EPG ist es, zukünftige LehrerInnen für wissenschafts– und berufsethische Fragen zu sensibilisieren und sie dazu zu befähigen, solche Fragen selbständig behandeln zu können. Thematisiert werden diese Fragen im Modul EPG II.

    Um in allen diesen Konfliktfeldern nicht nur zu bestehen, sondern tat sächlich angemessen, problembewußt und mehr oder minder geschickt zu agieren, braucht es zunächst einmal die Gewißheit, daß immer auch Ermessens– und Gestaltungsspielräume zur Verfügung stehen. Im Hintergrund stehen Ideale wie Bildung, Entfaltung der Persönlichkeit, die Erfahrung erfüllender Arbeit und Erziehungsziele, die einer humanistischen Pädagogik entsprechen, bei der es eigentlich darauf ankäme, die Schüler besser gegen eine Gesellschaft in Schutz zu nehmen, die immer fordernder auftritt. In diesem Sinne steht auch nicht einfach nur Ausbildung, sondern eben Bildung auf dem Programm.

    Auf ein– und dasselbe Problem läßt sich unterschiedlich reagieren, je nach persönlicher Einschätzung lassen sich verschiedene Lösungsansätze vertreten. Es ist daher hilfreich, möglichst viele verschiedene Stellungnahmen, Maßnahmen und Verhaltensweisen systematisch durchzuspielen und zu erörtern. Dann läßt sich besser einschätzen, welche davon den pädagogischen Idealen noch am ehesten gerecht werden.

    So entsteht allmählich das Bewußtsein, nicht einfach nur agieren und reagieren zu müssen, sondern bewußt gestalten zu können. Nichts ist hilfreicher als die nötige Zuversicht, in diesen doch sehr anspruchsvollen Beruf nicht nur mit Selbstvertrauen einzutreten, sondern auch zuversichtlich bleiben zu können. Dabei ist es ganz besonders wichtig, die Grenzen der eigenen Rolle nicht nur zu sehen, sondern auch zu wahren.

     

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  • Anthropologie,  Götter und Gefühle,  Identität und Individualismus,  Moderne,  Motive der Mythen,  Religion,  Theographien,  Theorien der Kultur,  Urbanisierung der Seele,  Zeitgeist,  Zivilisation

    Der Mensch als Maß?

    Heinz–Ulrich Nennen: Der Mensch als Maß aller Dinge? Über Protagoras, Prometheus und die Büchse der Pandora (ZeitGeister 1); tredition Hamburg 2018. 232 S. – Paperback 16,99 €, ISBN: 978-3-7439-0090-5. Hardcover 26,99 € ISBN: 978-3-7439-0091-2. Erscheinungsdatum: 11.12.2018.

    Pandora ist das Abschiedsgeschenk der abdankenden olympischen Götter, danach kommt nur noch der Mensch. Es sollte keine weitere Dynastie von Göttern mehr geben. — Wir sind werdende Götter in einer Welt, die wir selbst erschaffen haben, für die wir auch ganz allein verantwortlich sind.

    Mit sämtlichen göttlichen Gaben bedacht, ist Pandora die Allegorie aller Verlockungen, wie sie nur zivilisierte Welten bieten. Zugleich bringt sie auch alle damit verbundenen Übel in die Welt. Um die Frage nach dem Warum ranken sich seither viele Meistererzählungen. Grund genug, sie erneut zu befragen, um ›unsere‹ Antworten zu finden.

    Also wie gehen wir um mit unserer Souveränität in Fragen von Moral, Gefühl und Selbstbestimmung? Der Weg führt vom ersten Gewissen bis zur multiplen Identität, immer auf der Suche nach Sinn, Glück und Geborgenheit. — Inzwischen tragen wir die Götter in uns.

    Die Reihe ZeitGeister ist der Psychogenese gewidmet, denn Orientierungswissen ist von zunehmender Bedeutung. Es geht um die neuen Perspektiven einer Philosophischen Psychologie, die in den Meistererzählungen ein uraltes Orientierungswissen findet, das überraschend aktuell ist.

    Wenn der berühmt–berüchtigte Sophist Protagoras von Sokrates um Erläuterung gebeten wird, was man denn nun gegen teures Geld bei ihm erlernen könne, dann zeigt sich ein tiefgreifender Wandel. — Nicht einmal mehr die Einführung ins Erwachsenenleben gehorcht noch der Tradition der Jäger. Die Kultur in den Städten setzt eigene Maßstäbe und bespiegelt sich dabei selbst. Fraglose Maßstäbe sind nicht mehr vorhanden: Der Mensch ist das Maß aller Dinge!

    Protagoras erläutert anhand des Mythos von Prometheus, es mangle nicht an der nötigen Technik, Städte zu errichten. Allein sie zu halten, sei schier unmöglich gewesen. — In der Tat mußte die dringend gebotene Kunst der Politik eigens von Hermes im Auftragdes Zeus nachgereicht werden. Und er, der Sophist, vermittle genaudiese vakanten Kompetenzen.

    Politik ist die Kunst, ständig gegenzusteuern, wenn Gesellschaften wieder einmal aus irgendeinem Gleichgewicht geraten. Die eigentliche ›Wildnis‹, in der es zu bestehen gilt, liegt daher in den Städten. — Seither muß also ›studiert‹ werden. Dann ist es durchaus möglich, Karriere zu machen, auch ohne von Adel zu sein.
    Pandora ist das Abschiedsgeschenk der abdankenden olympischen Götter, danach kommt nur noch der Mensch. Mit sämtlichen göttlichenGaben bedacht, ist sie die Allegorie aller Verlockungen, wie sie nurzivilisierte Welten bieten. Zugleich bringt sie auch alle Übel mit indie Welt, die vorher nicht waren. — Um die Frage nach dem Warum ranken sich seither viele Meistererzählungen. Grund genug, sie erneutzu befragen, um ›unsere‹ Antworten zu finden.

    Philosophie kommt auf, wo Götter schlecht gedacht werden. So entsteht allmählich Souveränität in Fragen von Moral, Gefühl und Selbst. Der Weg führt vom ersten Gewissen bis zur multiplen Identität, immer auf der Suche nach Sinn, Glück und Geborgenheit.

    Die Reihe ZeitGeister ist der bisher kaum bedachten Psychogenese gewidmet, dabei ist Orientierungswissen von zunehmender Bedeutung. Es geht um die neuen Perspektiven einer Philosophischen Psychologie, die in Zweifelsfällen immer wieder auf die Orientierungsorientierung durch Philosophische Anthropologie zurückgreifen kann.

    Alle Bände der Reihe ZeitGeister erscheinen bei tredition – werden aber auch hier sukzessive zum Downloads freigegeben.

     

  • Anthropologie,  Diskurs,  Ethik,  Götter und Gefühle,  Identität und Individualismus,  Ironie,  Kunst,  Künstler,  Lehramt,  Lehre,  Leib,  Melancholie,  Moderne,  Moral,  Motive der Mythen,  Platon,  Politik,  Professionalität,  Psyche,  Religion,  Schönheit,  Schuld,  Schule,  Seele,  Technikethik,  Theographien,  Theorien der Kultur,  Urbanisierung der Seele,  Utopie,  Vorlesung,  Wahrheit,  Wissenschaftlichkeit,  Zeitgeist,  Zivilisation

    Vorlesungen und Seminare

    Heinz-Ulrich Nennen: Vorlesungen und Seminare. Wordcloud 2016.
    Heinz-Ulrich Nennen: Vorlesungen und Seminare. Wordcloud 2016.

     

     

  • Anthropologie,  Identität und Individualismus,  Melancholie,  Motive der Mythen,  Religion,  Urbanisierung der Seele,  Vorlesung,  Zeitgeist

    Das erschöpfte Selbst

    Lucas Cranach der Ältere: Melancholie. Nationalgalerie,
    Kopenhagen.<fn>Public domain via Wikimedia Commons.</fn>

    Erläuterungen zur Psychogenese

     

  • Götter und Gefühle,  Identität und Individualismus,  Melancholie,  Moderne,  Religion,  Zeitgeist,  Zivilisation

    Dialog und Diskurs

    Schwebendes Denken

    Bezaubernde Bilder bezeugen, wie innig die Philosophie allem zugetan ist, was Flügel verleiht.

    Bei Hegel beginnt die Eule der Minerva ihren Flug erst in der Dämmerung. – Platon schildert das Aufsteigen zur Erkenntnis mit der Allegorie vom Seelenwagen, bei dem es darum geht, am Triumphzug der Götter über das nächtliche Firmament, quer über die Milchstraße bis hin zum Reich der Ideen teilnehmen zu können. Aber den allermeisten Zeitgenossen fehle es dabei an “Federn”, auch beherrschen sie nicht die Selbstführung…   

    Die Gedanken sind frei, es kommt darauf an, sie schweben, fliegen und aufsteigen zu lassen. Es kommt darauf an, daß sie stets offen bleiben, sich inspirieren zu lassen.

     

    Philosophischer Salon Karlsruhe

     

     

     

     

     

    Philosophische Ambulanz Karlsruhe

     

     

     

     

     

     

    Philosophischer Salon | B-Side-Festival 2019 | Münster

      

     

    Philosophisches Café Münster

     

     

    NeuFlyerPhilcafeMS_Seite_1

    Wenn herkömmliche Orientierungen unsicher werden, dann stellen sich Fragen der Selbstorientierung. Neue Antworten lassen sich jedoch erst finden, wenn zuvor genügend Abstand genommen wird. Erst aus der Distanz läßt sich das Ganze umfassend in den Blick nehmen.  – Nur so kommt das Neue ins Denken und dazu ist Philosophie unverzichtbar. Philosophieren bedeutet, sich durch eigenes Denken zu orientieren, gerade dann, wenn vieles in der Schwebe ist.

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    Neben dem philosophischen Dialog als intensiver Form, sich in Themen von existentieller Bedeutung einzufühlen, um sie zu erörtern, bietet das Philosophische Café die Möglichkeit, auch in größeren Gruppen tiefer miteinander ins Gespräch zu kommen. – Es gilt, nicht einfach nur die üblichen Standpunkte zu vertreten, sondern alle erdenklichen Positionen vorbehaltlos zu erörtern. So wird die Sache selbst allmählich gemeinsam entwickelt und nicht selten lassen sich ihr ganz neue Seiten abgewinnen. Manches erscheint dann in anderem Licht, so daß sich auch für die eigene Stellungnahme ganz neue Perspektiven eröffnen.

    Das Philosophische Café versteht sich als Forum für eine Philosophie, die erst im gemeinsamen Gespräch aufkommen kann. Das Thema wird in der Regel nicht vorgegeben, es ergibt sich zwanglos fast wie von selbst. Der Gang des Gesprächs ist offen und dabei ist es nicht so entscheidend, wie sich andere Philosophen bereits dazu geäußert haben. Gewiß ist es anregend zur Kenntnis zu nehmen, was bereits gesagt worden ist, aber viel wichtiger ist es, sich selbst beim gemeinsamen Philosophieren zu erfahren.

    Überzeugungen sollen nicht einfach nur vertreten, sondern dargelegt werden. Die Situation ist handlungsentlastet, nichts muß beschlossen werden. Niemand muß sich überzeugen lassen, denn wir überzeugen uns ohnehin immer nur selbst. Entscheidend ist, das eigene Denken an den Tag zu legen. Erst dann wird jene Freiheit spürbar, von der die Höhenflüge der Philosophie getragen werden. – Philosophie hat eben auch ihre Praxis: Es ist die Freude daran, wie unterschiedlich die Perspektiven doch sein können.

    Kaum eine davon ist ohne Berechtigung, aber nur wenige davon sprechen wirklich fürs Ganze. Es gibt viele aber nicht unendlich viele Hinischten, aus denen sich dieselbe Sache betrachten läßt. Entscheidend sind daher vor allem solche Hinsichten, die in der Sache weiter bringen und helfen, besser zu verstehen, worauf es ankommen könnte.

    Für den Gang solcher Untersuchungen prägte Hegel das Bild vom Flug der Eule der Minerva und bei Platon findet sich die Allegorie vom Seelenwagen. Diese bezaubernden Bilder bezeugen, wie innig die Philosophie allem zugetan ist, was Flügel verleiht, weniger um abzuheben, sondern um einen guten Überblick und neue Einblicke zu erhalten. – Alles was Flügel verleiht, hat daher einen symbolischen Bezug zur Philosophie, weil Federn zum Schreiben taugen, weil sie Gedanken beflügeln und weil dann nur noch die notwendige Seh-, Erkenntnis- und Urteilskraft dazu gehört, um erkennen zu können, was sich in der Dämmerung abzuzeichnen beginnt.

    Blaue_Stunde_MS-Flyer

    Das ultimative Ziel solcher Reisen ist Platon zufolge eine Expedition ins Reich der Ideen. Beim Ausritt zusammen mit den Göttern über das nächtliche Firmament alle 10.000 Jahre kommt es darauf an, sehr schwere Himmelspassage zu bestehen, mit einem allzu menschlichen Gespann aus einem guten und einem schlechten Pferd. Viele stürzen dabei ab und fallen unmittelbar wieder ins Sein ohne sich wiedererinnern zu können. – Erst hinter dieser schwierigen Himmelspassage würde man zusammen mit den Göttern die Ideen anschauen.

    Es kommt darauf an, die Kunst des Schwebens zu beherrschen. Dazu braucht es ,Federn`und die wachsen nur denen die lieben, denn die Liebe in ihrem heiligen Wahn soll wiederum Ähnlichkeit haben mit dem, wie denen zumute ist, die die Ideen erschauen. Und Platon zufolge verleiht gerade die Philosophie solche Flügel, schließlich geht es ihr – nicht nur dem Namen nach, um die Liebe zur Weisheit.

    Solche Gespräche sind dazu angetan, die Sache selbst wie eine Feder durch den Atem aller, die mitreden und mitdenken, in der Schwebe zu halten, um beim gemeinsamen Philosophieren wie im Flug ins Reich der Ideen unterwegs  zu sein.

    Feder-big

     

  • Anthropologie,  Götter und Gefühle,  Identität und Individualismus,  Melancholie,  Moderne,  Motive der Mythen,  Religion,  Theographien,  Theorien der Kultur,  Urbanisierung der Seele,  Vorlesung,  Zeitgeist,  Zivilisation

    Anthropologie der modernen Welt

    Walter Crane: Die Rosse des Neptun. Neue Pinakothek München, Public Domain @ Wikimedia
    Walter Crane: Die Rosse des Neptun. Neue Pinakothek München, Public Domain @ Wikimedia

    Das multible Selbst

    Die Götter der Antike sind wie die Stars unserer Tage, die Sterne von damals sind die Sternchen von heute. Alle ihre einzelnen Fähigkeiten, mit denen sie sich im Verlaufe der Zeit angereichert haben, lassen sich oft noch an den vielen Beinamen erkennen, es sind Spuren vereinnahmter Häuptlingstümer, es sind die Geister von Clans, Landschaften und Kulturen, die längst aufgegangen sind im größeren Ganzen dieser Göttergestalten. Gerade Götter verfügen über multiple Identitäten, daher fällt es ihnen so leicht, in fremder Gestalt aufzutreten, um sich selbst dabei doch treu zu bleiben. Daher beherrschen sie das Spiel mit den Masken. Besonders Zeus wechselt ein ums andere Mal für Liebesabenteuer äußerst spektakulär die eigene Gestalt: Er nähert sich seiner späteren Gattin Hera als durchnäßter, zitternder Kuckuck, als Stier der Europa, als Schwan der Leda, als goldener Regen der Danaë und um den Herakles zu zeugen, verwandelt er sich in Amphitryon, den Gatten der Alkmene.

    Götter wie Zeus beherrschen einfach dieses bedeutende Kunststück, sich auch in fremder Gestalt noch immer selbst treu zu bleiben. Im Prozeß der Zivilisation wird nicht nur die Außenwelt, sondern auch die Innenwelt immer weiter ausdifferenziert. Mit der Zivilisation, Rationalität und Moderne geht daher stets auch ein Prozeß der Psychogenese einher. Götter haben uns dabei stets etwas voraus, sie verkörpern die Ideale, auf die es ankommt. Dementsprechend läßt sich anhand der außerordentlichen Fähigkeiten von Götter die Zukunft der Psyche ablesen. Das nunmehr im Zuge der Psychogenese anstehende multiple Selbst wird seinerseits über diese entscheidende göttliche Fähigkeit verfügen, sich anverwandeln zu können.

    Die klassischen Einwände dagegen, das sei keine Wahrhaftigkeit mehr, sondern eben Inszenierung, es sei keine Authentizität, sondern nur Vorspiegelung im Spiele, können nicht mehr verfangen. Wir haben nicht eine einzig wahre Natur, das einzig verbindliche Selbst oder irgendeine fixierte Identität in uns, die ehrlichkeitshalber nur zum Ausdruck gebracht werden muß, während alles andere nur Lug und Trug sein würde. Die Frage nach der Wahrhaftigkeit eines Gottes, der eine Metamorphose vollzogen hat, ist unangebracht, es kommt darauf an, was sich in der Wahrnehmung ereignet. Entscheidend ist das Erleben, etwa einem Schauspieler abnehmen zu können, was er vorgibt zu sein.

    Wir alle spielen Theater, was eben nicht bedeutet, daß es uns nicht ernst damit wäre. Das Maskenspiel ist dabei mehr als nur eine ausgezeichnete Metaphorik für das, was sich da eigentlich ereignet, es ist der Bruch mit der naiven Erwartung, daß wir immer dieselben sind und es auch bleiben. Wer eine Maske aufsetzt, übernimmt eine Rolle, wird somit zu jemand Anderen, wechselt also die Identität.

     

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